Zur Inszenierung „Nathan // Abraumhalde“
Perspektiven - Theater Aachen trifft Citykirche
10.11.2019 - 11:00 bis 12:30
Menschlichkeit und Toleranz, die Hauptbotschaften der Aufklärung, haben in Lessings „Nathan der Weise“ ihre dramatische Herausforderung gefunden. Hier vereinigen sich die drei Weltreligionen nicht nur in der berühmten Ringparabel, sondern auch in der Figur der Recha, Ziehtochter des unorthodoxen Juden Nathan, leibliche Tochter einer europäischen Christin und eines zum Christen konvertierten Moslem.
In kaum einem anderen Werk steht jedoch das vorgestellte Ideal in einem so komplexen und mehr als widersprüchlichen Verhältnis zur umgebenden und nachfolgenden Realität. Muss nicht – anders als bei Recha – der Gottesglaube und vor allem der Glaube an die menschliche Vernunft angesichts der Entwicklung der Welt automatisch ins Wanken geraten? Elfriede Jelinek schafft mit ihrem Text „Abraumhalde“ ein entsprechendes „Missing Link“ zu „Nathan, der Weise“: Was passiert, wenn sich eine Gesellschaft für das Geld und gegen Moral entscheidet, sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leisten kann oder will, wenn die Geschichte zeigt, dass das Geld siegt und das Projekt „Aufklärung“ der stetigen Gefahr des Scheiterns ausgesetzt ist.
Foto: Theater Aachen